Hädsch dei Gosch ghalda, hädd di dr Bosch bhalda

27. September 2016
von Philipp Scheffbuch
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Rund um Stuttgart ist häufig ein schwäbischer Spruch zu hören, den selbstbewusste Bosch-Mitarbeiter seit jeher von sich geben: „Hald dei Gosch, i schaff beim Bosch.“ Bosch war schon immer der Inbegriff der Sicherheit. Spötter in Stuttgart sagen, es gebe keinen Unterschied zwischen einer Beamten- und einer Bosch-Laufbahn.

Bosch gilt in Württemberg als sakrosankt, nicht zuletzt, weil der Gründer Robert Bosch ein Wohltäter war. Heute betreibt die Bosch-Stiftung viel Gutes in Gesundheit, Wissenschaft und Völkerverständigung. Die Bosch-Stiftung verwaltet (sehr schwäbisch vorsichtig gerechnet) eine Milliarde Euro. Für das Unternehmen sind die Aktivitäten der Stiftung alles andere als hinderlich, im Gegenteil: So umhegt die Stiftung junge Akademiker und Journalisten und knüpft früh Bande zu den künftigen Entscheidern und Multiplikatoren, gegen Bosch will niemand sein.

Seit einem Jahr steckt der schwäbische Autozulieferer nun im ungeheuerlichsten Wirtschaftsskandal, den es je in Deutschland gegeben hat: Bosch hat die Schummelsoftware für Volkswagen entwickelt, mit der die Wolfsburger beinahe zwölf Millionen Autokäufer betrogen haben und unzählige nationale Umwelt- und Steuerauflagen missachtet haben. Es gibt laut US-Behörden Belege, dass Bosch-Chef Volkmar Denner schon lange über den Betrug im Bilde war: vor zweieinhalb Jahren soll er sich sogar mit dem damaligen Volkswagen-Chef Martin Winterkorn getroffen haben, um das weitere Vorgehen zu besprechen, weil es Anzeichen gegeben haben soll, dass die Schummelsoftware auffliegt.

Die US-Ankläger rüsten sich inzwischen, gegen Bosch vor Gericht zu ziehen. Während der Dax-Konzern Volkswagen mit den US-Klägern längst einen Vergleich geschlossen hat, versucht das Stuttgarter Stiftungsunternehmen sich wegzuducken. Von Bosch gibt es keine Erklärungen, die auch irgendetwas erklären und schon gar keine Schuldeingeständnisse. Noch viel besser: Bosch weigert sich standhaft, den US-Behörden volle Einsicht in die eigenen Unterlagen zu gewähren.

Gut für Bosch, dass die einstigen Auto-Skeptiker von den hiesigen Grünen die örtlichen Machenschaften so geschmeidig beurteilen wie sonst wohl nur der Bundesverband der deutschen Industrie. So drückte der baden-württembergische grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Falle des größten Abgasskandals der Geschichte unlängst sogar sein Verständnis aus. Kretschmann klang beinahe wie ein Firmensprecher als er vergangene Woche sagte, bei der Aufklärung der Vorwürfe und bei künftigen Vorsorgemaßnahmen habe er „volles Vertrauen“ in den Konzern. Die Dieseltechnologie sei sehr wichtig für Baden-Württemberg, circa 50 000 Arbeitsplätze hingen daran. „Da geht es schon um sehr viel“, sagte der wichtigste Repräsentant der einstigen Umweltschutz-Partei.

Übrigens: Bevor der Skandal vor wenigen Wochen Schlagzeilen machte, bekamen alle Bosch-Mitarbeiter eine Email, in denen sie vordergründig auf eine negative Berichterstattung eingestimmt wurden. Nicht explizit ausgeschrieben, aber zwischen den Zeilen durchaus angedeutet, war der Appell an die Arbeitnehmer, Ruhe zu bewahren. Dass es auch beim angesehenen Bosch seit jeher besser ist, sich stromlinienförmig zu verhalten und sich nicht zu äußern, ist für Stuttgarter Bürger aber eigentlich nichts Neues. So lautet der zweite Teil des schwäbischen Bonmots: „Hädsch dei Gosch ghalda, hädd di dr Bosch bhalda.“

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